Wofür wir Gottesdienste brauchen

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Wieder sind wir in einem harten Lockdown. Angesichts der steigenden Infektionszahlen und der großen Zahl an Todesfälle in Verbindung mit Covid-19 gibt es derzeit keine Alternative. Wer nicht im Gesundheitswesen arbeitet, kann sich die Belastung dort kaum vorstellen.

Geschäfte haben geschlossen außer für Artikel des täglichen Bedarfs. Friseure sind zu. Schon länger können wir keine Konzerte oder andere kulturelle Veranstaltungen besuchen.

Das gilt auch für Religionsgemeinschaften, die viele Konzerte und Erwachsenenbildungsveranstaltungen anbieten. Es trifft auch für die Jugendarbeit der Kirchen zu, die in enger Abstimmung mit den Kreisjugendringen und dem Bayerischen Jugendring stattfindet.

Nur Gottesdienste dürfen noch unter Einhaltung strengster Hygienevorschriften und Abstandsregeln stattfinden.

In dem Zusammenhang wird immer wieder die Frage nach dem Grund gestellt.

Es geht darum, dass Spiritualität zum Mensch und seiner Persönlichkeit gehört. Wir denken und spüren über unseren Horizont hinaus. Uns beschäftigt, was wir nicht sehen können, ebenso wie der Gedanke daran, woher wir kommen und wohin wir gehen. Angesichts der vielen Todesfälle treten Überlegungen dazu in den Vordergrund. Menschen suchen Trost, indem sie sich mit Dingen befassen können, die schwer in Worte zu fassen sind. Sie brauchen Vorstellungsräume und tatsächliche Orte, wo es um unseren Platz in nicht sichtbaren Zusammenhängen und der Ewigkeit geht. Wir führen uns vor Augen, wer wir sind, was wir wirken und bewirken. Da sind die sichtbaren und unsichtbaren Spuren, die Menschen hinterlassen. Sie werden von anderen Menschen aufgenommen und verändert. Dadurch geht das Leben weiter und wir leben weiter. Vielleicht kennt man irgendwann unseren Namen auf der Erde nicht mehr. Aber im Himmel ist er geschrieben.

Damit Menschen sich mit diesen Themen, die Teil der menschlichen Persönlichkeit sind, beschäftigen können, nicht alleine gelassen werden und sich in einem Kontext verorten können, der über das Sichtbare hinausgeht, sind die Kirchen weiter offen für das stille Gebet. Deshalb dürfen Gottesdienste weiter stattfinden. D. h. nicht, dass sie immer und überall stattfinden und schon gar nicht, dass sie einen besonders großen Rahmen erhalten.

Aber es gibt sie an verschiedenen Orten, damit Menschen wieder zu sich selbst kommen können, die Verortung in ihrem Leben wieder spüren können, mit der Einsamkeit umgehen können.

Und wir brauchen Gottesdienste, selbst wenn nur einige hingehen. Denn es ist heilsam zu wissen, dass es Orte gibt, an denen Menschen zusammen mit Gott sich dem Himmel zuwenden. Es ist ein Geist, der beruhigend wirkt in die Gesellschaft.

Dagmar Häfner-Becker, Dekanin in Rosenheim