In den Tod versunken

In den Tod versunken – Meditation zu „Korn, das in die Erde“

In Krieg, in den Tod versunken ist unsere Welt.
Seit elf Tagen auch hier in Europa.

In Trümmern versinkt das Leben in der Stadt,
die immer und immer wieder beschossen wird.

In die Erde kriechen die Menschen, suchen Schutz in Kellern
und U-Bahn-Schächten, um ihr Leben zu retten.

Wieder einmal bricht die Welt über Gottes Liebe den Stab.
Wieder einmal fallen Menschen über Menschen her.

Die Welt – gefangen in Gestrüpp und Dornen.

Obwohl wir doch wissen, dass Krieg noch nie eine Lösung war.

Obwohl wir doch Verträge schließen, Abkommen unterschreiben
und Gesetze erlassen, die vom Frieden reden, die den Krieg verurteilen.

Obwohl wir doch den Frieden suchen, ihm manchmal nachjagen,
und ihn hier in Europa geübt haben, viele Jahrzehnte.

Ist die Welt in Krieg, in den Tod versunken.

Doch im Gestrüpp und Dornen höre ich auch Stimmen,
die für den Frieden laut werden.
Sehe ich Menschen, die Frieden säen.
Die Geflüchtete versorgen, manchmal auch aufnehmen,
ein Stück Zuhause geben.
Der Samen des Frieden wagt sich aus der Erde,
wird wachsen und blüht in gelb-blau.

Menschen gehen auf die Straße, hier, weil wir es können.
Und denken dabei an die, die es nicht können: in Russland.
Auch dort liegt der Samen des Friedens in der Erde,
und sein grüner Halm schiebt sich langsam durch dorniges Gestrüpp.
Ich bete dafür, dass er nicht niedergetrampelt wird.

Hin ging die Nacht, gingen viele Nächte
und wer weiß, wie viele noch kommen werden,
bis der dritte Tag erscheint, in diesem Krieg.

Frieden wächst wie Weizen und sein Halm ist grün.

München im März 2022 - Pfarrerin Stephanie Höhner

1. Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt,
Keim, der aus dem Acker in den Morgen dringt -
Liebe lebt auf, die längst erstorben schien:
Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.

2. Über Gottes Liebe brach die Welt den Stab,
wälzte ihren Felsen vor der Liebe Grab.
Jesus ist tot. Wie sollte er noch fliehn?
Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.

3. Im Gestein verloren Gottes Samenkorn,
unser Herz gefangen in Gestrüpp und Dorn -
hin ging die Nacht, der dritte Tag erschien:
Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.

eg 98
Text: Jürgen Henkys (1976) 1978 - nach dem englischen »Now the green blade rises« von John Macleod Campbell Crum 1928